Grace nach dem Gottesdienst | Foto: Uwe Heimowski im Juli in Pochalla.
Ein ganz anderes Weihnachtsfest
Schweißperlen glänzen auf ihrer Nase. Grace ist erschöpft. Zwei Stunden lang hat sie im Gottesdienst gesungen und getanzt. Die Begeisterung steckt an – und auch die Musikanlage tut ihren Teil.
Das ganze Dorf kann die Lieder mitsingen.
Grace lebt in Pochalla, im Südsudan, einem der ärmsten Länder der Welt. Nur einmal pro Woche erhält ihr Dorf durch ein Flugzeug Lebensmittellieferungen, Werkzeuge für die Landwirtschaft oder Saatgut – so unerreichbar und abgelegen ist diese Region.
Seit Juni legt Grace jeden Monat ein paar Groschen zur Seite, damit sie ihrer Familie ein schönes Weihnachtsfest ermöglichen kann. Denn nur dann gibt es selbstgebackene Kabis, die nicht ganz so süß schmecken wie deutsche Kekse und mit einer Tasse schwarzem Tee gegessen werden.
An Weihnachten gibt es auch Geschenke. Grace hat es geschafft, durch ihre Ersparnisse Kleidung und ein paar Schuhe für ihre Kinder zu kaufen. Diese werden sie durch das ganze nächste Jahr begleiten. Sie ist stolz, denn das Geld hat sie selbst erarbeitet.
„Kekse zu backen ist tief in der Kultur verankert“, erzählt uns Josef Laban, Tearfunds Projektleiter im Südsudan. „Auch arme Familie sparen für ihre Verhältnisse viel Geld, damit sie an Weihnachten Kekse backen und verteilen können.“
Anstelle von Lichterketten, Weihnachtskranz und Kerzen gibt es im Südsudan Blumenschmuck.
Graces Gemeinde wird feierlich mit frisch gepflückten Blumen dekoriert und auch Grace schmückt ihre Hütte. Manche Familien streichen die Holzbalken ihrer Hütte sogar mit Erde an oder schreiben Weihnachtssprüche darauf.
Doch dann fallen Schüsse auf dem Dorfplatz.
Bewaffnete Rebellen schießen wahllos aus einem Hubschrauber heraus auf Menschen. Blut fließt. Menschen fliehen panisch.
Seit dem 18. September ist Pochalla wieder zu einem Schauplatz von blutigen Konflikten geworden. Die Sorge vor noch mehr Gewalt, der Verschleppung von Frauen und Kindern und dem Diebstahl von Vieh überschattet die Vorbereitungen auf Weihnachten.
Nach unserem letzten Stand haben sämtliche Familien die Region verlassen und Schutz in Äthiopien gefunden – darunter auch Grace. Sie wird als Geflüchtete Weihnachten feiern.
Herr, unser Gott,
wir beten für Grace und für die Menschen in Pochalla. Beschütze die Geflüchteten und bewahre diejenigen, die vor Ort ausharren. Schenke ihnen Trost und jeden Tag neue Hoffnung. Lass Weihnachten werden, auch für sie. Bring die Waffen zum Schweigen und komm mit deinem Frieden.
